Ein Schritt vor, zwei zurĂŒck? Zum Stand der digitalen Transformation im schulischen Bildungsbereich

Am 9. Dezember hat die KMK neue Empfehlungen zu “Lehren und Lernen in der digitalen Welt” beschlossen, die die KMK-Strategie “Bildung in der digitalen Welt” aus 2016 ergĂ€nzen. Vor diesem hochaktuellen Hintergrund befasste sich die Sitzung mit der ĂŒberregionalen Steuerung von Bildungsprozessen im Bereich Digitalisierung. Wie viel lĂ€nderĂŒbergreifende Rahmensetzung (Standards, Systeme, Medien, ID-Protokolle, DatenschutzprĂŒfungen etc.) ist notwendig und wie viel Spielraum benötigen die LĂ€nder zur regionalen Ausgestaltung der digitalen Transformation im schulischen Bereich? Nicht zuletzt mit dem Koalitionsvertrag der neuen Bundesregierung wird deutlicher Druck zu mehr lĂ€nderĂŒbergreifender Kooperation und neuen Formen der Bund-LĂ€nder-Zusammenarbeit im Bereich Digitalisierung ausgelöst. Kann die KMK vor dem Hintergrund dieser neuen Herausforderungen zu einer effizienten Abstimmungs- und Steuerungsarena entwickelt werden?

Es diskutierten Birgit Eickelmann, Professorin fĂŒr SchulpĂ€dagogik an der UniversitĂ€t Paderborn, und Ties Rabe, Senator fĂŒr Schule und Berufsbildung in Hamburg sowie sog. A-Koordinator in der KMK.

Moderiert wurde die Sitzung von Mark Rackles, Fellow am WZB und StaatssekretĂ€r a.D. der Senatsverwaltung fĂŒr Bildung in Berlin.

Sie finden die PrÀsentationsfolien von Birgit Eickelmann hier:

Digitale Transformation von Schule als Handlungsfeld der Landespolitik

Blickt man auf das Zusammenwirken von Bund, LĂ€ndern, Kommunen und Schulen bei der Digitalisierung, so erscheint die Steuerungsstruktur in Deutschland ĂŒberkomplex und dysfunktional. Die ‚klassische‘ ZustĂ€ndigkeits- und Aufgabenverteilung der unterschiedlichen Ebenen und Akteure funktioniert nicht mehr. Um digitale Schulentwicklungsprozesse gut zu gestalten, mĂŒssen neue Wege gegangen werden – auch und gerade in der Landespolitik. Wie kann das geschehen? Welche Auswege gibt es aus dem föderalen Steuerungsdilemma?

Es diskutierten Andreas Breiter, Professor fĂŒr Angewandte Informatik an der UniversitĂ€t Bremen/wissenschaftlicher Direktor Ifib reseach und Götz Bieber, Direktor des Landesinstituts fĂŒr Schule und Medien Berlin-Brandenburg (LISUM). Moderiert wurde die Sitzung von Michael Wrase, Professor fĂŒr Öffentliches Recht, UniversitĂ€t Hildesheim & Senior Researcher am WZB.

Sie finden die PrÀsentationsfolien von Andreas Breiter hier:

Die Rolle der kommunalen SchultrÀger bei der Digitalisierung

Um die Digitalisierung ihrer Schullandschaften voranzutreiben, sind Kommunen auf verlĂ€ssliche Ressourcen fĂŒr eine IT-Ausstattung und deren Administration, regelmĂ€ĂŸige Schulungen ihrer LehrkrĂ€fte und auch die bauliche Gestaltung einer geeigneten Lernumgebung angewiesen. Doch vor welchen Herausforderungen und Steuerungsmöglichkeiten stehen dabei Kommunen und wie kann die Zusammenarbeit verschiedener Akteure auf kommunaler Ebene gestaltet werden? Diese Fragen wurden sowohl im Vortrag als auch anhand von Praxisbeispielen erlĂ€utert.

Der einfĂŒhrende Vortrag erfolgte durch Hendrik Scheller, Teamleiter des Forschungsbereichs Infrastruktur, Wirtschaft und Finanzen am Deutschen Institut fĂŒr Urbanistik. Die Kommentierung der AusfĂŒhrungen erfolgte durch zwei Praktiker: Markus Lindner, Leitung der Transferagentur fĂŒr GroßstĂ€dte der Transferinitiative Kommunales Bildungsmanagement, und Karsten Ostendorf, Leiter des IT-Services Schulen in der Stadt Wolfsburg. Die Sitzung moderierte Rita Nikolai, Professorin an der UniversitĂ€t Augsburg.

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Digitalisierungsbezogene Schulentwicklung: Mehr als die Summe der Einzelteile

Schule hat die Aufgabe, Heranwachsende auf eine Teilhabe an der zunehmend digitalisierten Welt vorzubereiten. Wie können Schulentwicklungsprozesse im Kontext der Digitalisierung gestaltet werden? Welche Handlungsfelder sind dafĂŒr relevant? Und welche Fortbildungs- und UnterstĂŒtzungssysteme erscheinen geeignet, digitalisierungsbezogene Schulentwicklung voranzubringen? Der Vortrag adressierte diese Fragen sowohl konzeptionell als auch auf Basis aktueller Forschungsbefunde.

Es diskutierten Manuela Endberg, Leiterin des Forschungsbereichs „Schulentwicklung und Digitalisierung“ in der Arbeitsgruppe Bildungsforschung am Institut fĂŒr Erziehungswissenschaft der UniversitĂ€t Duisburg-Essen, und Sabrina Bippus, Schulleiterin der Schule am Schloss Potsdam.
Benjamin Edelstein, Wissenschaftlicher Mitarbeiter am WZB, moderierte die Sitzung.

Sie finden die PrÀsentationsfolien von Manuela Endberg sowie eine unverbindliche Zusammenfassung der wichtigsten Aussagen der Kolloquiumssitzung hier:

Bildungssteuerung im Mehrebenensystem

Das Kolloquium startete mit einem Impuls aus dem benachbarten Föderalstaat Schweiz. Katharina Maag Merki, die als Professorin fĂŒr Theorie und Empirie schulischer Bildungsprozesse an der UniversitĂ€t ZĂŒrich lehrt, beleuchtete u.a. die spezifischen Steuerungsprobleme der Bildung im Mehrebenensystem. In der Auftaktsitzung sollte aus einer ĂŒbergreifenden (Educational Governance-)Perspektive auf Steuerungsdefizite und Herausforderungen des Bildungssystems eingegangen werden, die in den Folgesitzungen in Bezug auf die beiden ĂŒbergreifenden Herausforderungen „Digitalisierung“ und „Bildungsungleichheiten“ konkretisiert werden. Mark Rackles, Fellow am WZB und langjĂ€hriger StaatssekretĂ€r fĂŒr Bildung, moderierte die Sitzung. Die BegrĂŒĂŸung erfolgte durch die PrĂ€sidentin des WZB, Prof. Dr. h.c. Jutta Allmendinger, Ph.D.

In ihrer PrĂ€sentation ging Prof. Maag Merki auf die Analyseinstrumente des Forschungsansatzes ein (Differenzierung in Regelsysteme, Handlungsakteure und Handlungskoordination), erlĂ€uterte die Bedeutung informeller Handlungskoordination (“gelebte Systeme”) und das PhĂ€nomen eines Schulkonkordats, das formal zwar nicht von allen Kantonen getragen wird, in der Schulpraxis jedoch trotzdem bundesweite Wirkung entfaltet. Im Ergebnis der Diskussion blieben Zweifel, ob die Bildungsstrukturen der beiden NachbarlĂ€nder Deutschland und Schweiz jenseits der föderalen Grundstruktur vergleichbar sind. Zudem zeigte sich, dass trotz eines etwas höheren Maßes an kantonsĂŒbergreifender Kooperation das spezifische Ziel des Abbaus von Bildungsungleichheiten in der Schweiz nicht besser erreicht wird, als in Deutschland. Ein erhöhtes Maß an lĂ€nderĂŒbergreifender Kooperation alleine ist somit kein PrĂ€diktor fĂŒr Steuerungseffizienz.

Sie finden die PrÀsentationsfolien von Prof. Maag Merki sowie eine unverbindliche Zusammenfassung der wichtigsten Aussagen der Kolloquiumssitzung hier:

Steuerung in der FlĂ€che: entscheidet der Wohnort ĂŒber Bildungschancen?

Regionale Unterschiede des Bildungsangebots, der kommunalen Finanzkraft, der Bevölkerungsentwicklung und der sozialen Zusammensetzung der Bevölkerung fĂŒhren zu komplexen Herausforderungen fĂŒr das Steuerungshandeln der Bildungspolitik, obwohl diese ĂŒber BundeslĂ€nder hinweg erkennbar davor zurĂŒckschreckt konfliktbehaftete Handlungsfelder zu bearbeiten. Was wĂ€re zu tun, um den zunehmenden DisparitĂ€ten der Bildungsmöglichkeiten nach Regionen und einzelnen Bildungseinrichtungen zu begegnen?

Es diskutieren Horst Weishaupt, Professor an der Bergischen UniversitĂ€t Wuppertal im Ruhestand und ehem. Leiter der Arbeitseinheit „Steuerung und Finanzierung des Bildungswesens“ am Leibniz-Institut fĂŒr Bildungsforschung und Bildungsinformation (DIPF) in Frankfurt am Main, und Björn Hermstein, Schulentwicklungsplaner im Dezernat ‘Familie, Schule, Integration und Sport’ der Stadt Oberhausen.
Die Moderation ĂŒbernimmt Benjamin Edelstein, Wissenschaftlicher Mitarbeiter am WZB.

Menschenrecht ohne Steuerung – wo steht die schulische Inklusion?

Seit in Deutschland 2009 die UN-Behindertenrechtskonvention ratifiziert wurde, gilt es, ein inklusives Bildungssystem auf allen Ebenen zu gewĂ€hrleisten. Gleichwohl zeigen sich bei der Umsetzung eine Vielzahl von WidersprĂŒchen und Barrieren; sogar die Möglichkeit des Scheiterns von Inklusion wird thematisiert. Hat hier die Steuerung versagt? Kann man inklusive Bildung ĂŒberhaupt steuern? In diesem Vortrag soll die aktuelle Situation skizziert und Steuerungsproblematiken wie Steuerungsoptionen thematisiert werden.

Es diskutieren Rolf Werning, Professor fĂŒr Inklusive Schulentwicklung an der Leibniz UniversitĂ€t Hannover und Sybille Volkholz, Senatorin fĂŒr Schule, Berufsbildung und Sport in Berlin a.D. und Mitglied der “Fokusgruppe Bildungspolitik” der Heinrich-Böll-Stiftung.
Die Moderation ĂŒbernimmt Benjamin Edelstein, Wissenschaftlicher Mitarbeiter am WZB.

Zu viel versprochen? Grenzen und Potenziale der Outputsteuerung

Input-, Throughput-, Output- oder Outcome-Steuerung? Die Bildungsforschung hat keinen Mangel an BewertungsansĂ€tzen, die an der Steuerung von Ressourcen ansetzen. Die einen hoffen auf Effizienzsteigerung im Ressourceneinsatz, die anderen auf auf QualitĂ€tssteigerung im Bildungswesen.  Aber was wirkt am Ende wirklich? LĂ€sst sich die QualitĂ€t von Bildung als „Output“ bestimmen?

Es diskutieren Hans Anand Pant, Professor fĂŒr Erziehungswissenschaftliche Methodenlehre an der Humboldt-UniversitĂ€t zu Berlin, und Martina Diedrich, Direktorin des Instituts fĂŒr Bildungsmonitoring und QualitĂ€tsentwicklung (IfBQ) in Hamburg.
Die Moderation ĂŒbernimmt Mark Rackles, Fellow am WZB & StaatssekretĂ€r a.D. der Senatsverwaltung fĂŒr Bildung, Jugend und Familie in Berlin.

Deckung des LehrkrĂ€ftebedarfs – regionale Steuerung ĂŒberregionaler MĂ€rkte?

Mit erstaunlicher RegelmĂ€ĂŸigkeit verfehlen die LĂ€nder ihre eigenen Bedarfszahlen und bilden ĂŒber Jahrzehnte unterhalb des Bedarfs aus. Komplexe Strukturen und eine Vielzahl institutioneller Akteure machen die Steuerung nicht einfacher. Ein wesentlicher Aspekt ist dabei die Frage, ob die Steuerung von 16 regionalen MĂ€rkten (BundeslĂ€ndern) eine lĂ€nderĂŒbergreifende Steuerung (im Sinne einer lĂ€nderĂŒbergreifenden Prognostik und KapazitĂ€tsplanung auf Ebene der KMK) ersetzen kann. Auf welcher Ebene muss die Optimierung ansetzen?

Es diskutieren Klaus Klemm, Professur i.R. fĂŒr empirische Bildungsforschung und Bildungsplanung in UniversitĂ€t Duisburg-Essen, und Rainer Schulz, Staatsrat der Behörde fĂŒr Schule und Berufsbildung in Hamburg.

Die Moderation ĂŒbernimmt Mark Rackles, Fellow am WZB & StaatssekretĂ€r a.D. der Senatsverwaltung fĂŒr Bildung, Jugend und Familie in Berlin.

Digitalisierung von Schule und Aufbau von Dateninfrastrukturen: Optimierungsdrang und (unterschÀtzte) Eigendynamiken

Nicht zuletzt durch die wĂ€hrend der Corona-Pandemie erfolgten Schulschließungen und Distanzlernen, ist die Digitalisierung von Schule, Lernen und Unterricht weiterhin auf dem Vormarsch. Der Trend, Bildungspolitik, -steuerung und -praxis stĂ€rker evidenz- bzw. datenbasiert auszurichten, hat in den letzten Jahrzehnten auch das deutsche Schulsystem erfasst. Eine große Rolle spielen dabei wachsende Möglichkeiten digitaler, zunehmend automatisierter Daten(-verarbeitung), mit denen neue Formen der Sammlung, Aufbereitung, Auswertung und/oder Kommunikation großer Datenmengen ermöglicht werden. Beim Aufbau von Dateninfrastrukturen, die nicht nur das deutsche Bildungssystem Ă€hnlich wie die Verkehrsinfrastruktur einer Großstadt – zunehmend ‚dichter‘ durchdringen, stellen sich eine Reihe von Fragen: Welche Effekte haben der Aufbau und Ausbau von Dateninfrastrukturen auf den Bildungsföderalismus? Welche (mitunter unterschĂ€tzten) Eigendynamiken werden in Gang gesetzt? Und welche Effekte hat die Digitalisierung und Datafizierung von Schule auf die Rolle von LehrkrĂ€ften, SchĂŒler:innen und Schulleitungen?

Es diskutieren Sigrid Hartong, Professorin fĂŒr Soziologie and der Helmut-Schmidt-UniversitĂ€t Hamburg, und Nina Galla, wissenschaftlichen Mitarbeiterin bei Dr. Birke Bull-Bischoff, MdB.

Die Moderation ĂŒbernimmt Rita Nikolai, Professorin fĂŒr Vergleichende Bildungsforschung an der UniversitĂ€t Augsburg.