Digitale Transformation von Schule als Handlungsfeld der Landespolitik

Blickt man auf das Zusammenwirken von Bund, Ländern, Kommunen und Schulen bei der Digitalisierung, so erscheint die Steuerungsstruktur in Deutschland überkomplex und dysfunktional. Die ‚klassische‘ Zuständigkeits- und Aufgabenverteilung der unterschiedlichen Ebenen und Akteure funktioniert nicht mehr. Um digitale Schulentwicklungsprozesse gut zu gestalten, müssen neue Wege gegangen werden – auch und gerade in der Landespolitik. Wie kann das geschehen? Welche Auswege gibt es aus dem föderalen Steuerungsdilemma?

Es diskutierten Andreas Breiter, Professor für Angewandte Informatik an der Universität Bremen/wissenschaftlicher Direktor Ifib reseach und Götz Bieber, Direktor des Landesinstituts für Schule und Medien Berlin-Brandenburg (LISUM). Moderiert wurde die Sitzung von Michael Wrase, Professor für Öffentliches Recht, Universität Hildesheim & Senior Researcher am WZB.

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Die Rolle der kommunalen Schulträger bei der Digitalisierung

Um die Digitalisierung ihrer Schullandschaften voranzutreiben, sind Kommunen auf verlässliche Ressourcen für eine IT-Ausstattung und deren Administration, regelmäßige Schulungen ihrer Lehrkräfte und auch die bauliche Gestaltung einer geeigneten Lernumgebung angewiesen. Doch vor welchen Herausforderungen und Steuerungsmöglichkeiten stehen dabei Kommunen und wie kann die Zusammenarbeit verschiedener Akteure auf kommunaler Ebene gestaltet werden? Diese Fragen wurden sowohl im Vortrag als auch anhand von Praxisbeispielen erläutert.

Der einführende Vortrag erfolgte durch Hendrik Scheller, Teamleiter des Forschungsbereichs Infrastruktur, Wirtschaft und Finanzen am Deutschen Institut für Urbanistik. Die Kommentierung der Ausführungen erfolgte durch zwei Praktiker: Markus Lindner, Leitung der Transferagentur für Großstädte der Transferinitiative Kommunales Bildungsmanagement, und Karsten Ostendorf, Leiter des IT-Services Schulen in der Stadt Wolfsburg. Die Sitzung moderierte Rita Nikolai, Professorin an der Universität Augsburg.

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Digitalisierungsbezogene Schulentwicklung: Mehr als die Summe der Einzelteile

Schule hat die Aufgabe, Heranwachsende auf eine Teilhabe an der zunehmend digitalisierten Welt vorzubereiten. Wie können Schulentwicklungsprozesse im Kontext der Digitalisierung gestaltet werden? Welche Handlungsfelder sind dafür relevant? Und welche Fortbildungs- und Unterstützungssysteme erscheinen geeignet, digitalisierungsbezogene Schulentwicklung voranzubringen? Der Vortrag adressierte diese Fragen sowohl konzeptionell als auch auf Basis aktueller Forschungsbefunde.

Es diskutierten Manuela Endberg, Leiterin des Forschungsbereichs „Schulentwicklung und Digitalisierung“ in der Arbeitsgruppe Bildungsforschung am Institut für Erziehungswissenschaft der Universität Duisburg-Essen, und Sabrina Bippus, Schulleiterin der Schule am Schloss Potsdam.
Benjamin Edelstein, Wissenschaftlicher Mitarbeiter am WZB, moderierte die Sitzung.

Sie finden die Präsentationsfolien von Manuela Endberg sowie eine unverbindliche Zusammenfassung der wichtigsten Aussagen der Kolloquiumssitzung hier:

Bildungssteuerung im Mehrebenensystem

Das Kolloquium startete mit einem Impuls aus dem benachbarten Föderalstaat Schweiz. Katharina Maag Merki, die als Professorin für Theorie und Empirie schulischer Bildungsprozesse an der Universität Zürich lehrt, beleuchtete u.a. die spezifischen Steuerungsprobleme der Bildung im Mehrebenensystem. In der Auftaktsitzung sollte aus einer übergreifenden (Educational Governance-)Perspektive auf Steuerungsdefizite und Herausforderungen des Bildungssystems eingegangen werden, die in den Folgesitzungen in Bezug auf die beiden übergreifenden Herausforderungen „Digitalisierung“ und „Bildungsungleichheiten“ konkretisiert werden. Mark Rackles, Fellow am WZB und langjähriger Staatssekretär für Bildung, moderierte die Sitzung. Die Begrüßung erfolgte durch die Präsidentin des WZB, Prof. Dr. h.c. Jutta Allmendinger, Ph.D.

In ihrer Präsentation ging Prof. Maag Merki auf die Analyseinstrumente des Forschungsansatzes ein (Differenzierung in Regelsysteme, Handlungsakteure und Handlungskoordination), erläuterte die Bedeutung informeller Handlungskoordination (“gelebte Systeme”) und das Phänomen eines Schulkonkordats, das formal zwar nicht von allen Kantonen getragen wird, in der Schulpraxis jedoch trotzdem bundesweite Wirkung entfaltet. Im Ergebnis der Diskussion blieben Zweifel, ob die Bildungsstrukturen der beiden Nachbarländer Deutschland und Schweiz jenseits der föderalen Grundstruktur vergleichbar sind. Zudem zeigte sich, dass trotz eines etwas höheren Maßes an kantonsübergreifender Kooperation das spezifische Ziel des Abbaus von Bildungsungleichheiten in der Schweiz nicht besser erreicht wird, als in Deutschland. Ein erhöhtes Maß an länderübergreifender Kooperation alleine ist somit kein Prädiktor für Steuerungseffizienz.

Sie finden die Präsentationsfolien von Prof. Maag Merki sowie eine unverbindliche Zusammenfassung der wichtigsten Aussagen der Kolloquiumssitzung hier:

Steuerung in der Fläche: entscheidet der Wohnort über Bildungschancen?

Regionale Unterschiede des Bildungsangebots, der kommunalen Finanzkraft, der Bevölkerungsentwicklung und der sozialen Zusammensetzung der Bevölkerung führen zu komplexen Herausforderungen für das Steuerungshandeln der Bildungspolitik, obwohl diese über Bundesländer hinweg erkennbar davor zurückschreckt konfliktbehaftete Handlungsfelder zu bearbeiten. Was wäre zu tun, um den zunehmenden Disparitäten der Bildungsmöglichkeiten nach Regionen und einzelnen Bildungseinrichtungen zu begegnen?

Es diskutieren Horst Weishaupt, Professor an der Bergischen Universität Wuppertal im Ruhestand und ehem. Leiter der Arbeitseinheit „Steuerung und Finanzierung des Bildungswesens“ am Leibniz-Institut für Bildungsforschung und Bildungsinformation (DIPF) in Frankfurt am Main, und Björn Hermstein, Schulentwicklungsplaner im Dezernat ‘Familie, Schule, Integration und Sport’ der Stadt Oberhausen.
Die Moderation übernimmt Benjamin Edelstein, Wissenschaftlicher Mitarbeiter am WZB.

Digitalisierung von Schule und Aufbau von Dateninfrastrukturen: Optimierungsdrang und (unterschätzte) Eigendynamiken

Nicht zuletzt durch die während der Corona-Pandemie erfolgten Schulschließungen und Distanzlernen, ist die Digitalisierung von Schule, Lernen und Unterricht weiterhin auf dem Vormarsch. Der Trend, Bildungspolitik, -steuerung und -praxis stärker evidenz- bzw. datenbasiert auszurichten, hat in den letzten Jahrzehnten auch das deutsche Schulsystem erfasst. Eine große Rolle spielen dabei wachsende Möglichkeiten digitaler, zunehmend automatisierter Daten(-verarbeitung), mit denen neue Formen der Sammlung, Aufbereitung, Auswertung und/oder Kommunikation großer Datenmengen ermöglicht werden. Beim Aufbau von Dateninfrastrukturen, die nicht nur das deutsche Bildungssystem ähnlich wie die Verkehrsinfrastruktur einer Großstadt – zunehmend ‚dichter‘ durchdringen, stellen sich eine Reihe von Fragen: Welche Effekte haben der Aufbau und Ausbau von Dateninfrastrukturen auf den Bildungsföderalismus? Welche (mitunter unterschätzten) Eigendynamiken werden in Gang gesetzt? Und welche Effekte hat die Digitalisierung und Datafizierung von Schule auf die Rolle von Lehrkräften, Schüler:innen und Schulleitungen?

Es diskutieren Sigrid Hartong, Professorin für Soziologie and der Helmut-Schmidt-Universität Hamburg, und Nina Galla, wissenschaftlichen Mitarbeiterin bei Dr. Birke Bull-Bischoff, MdB.

Die Moderation übernimmt Rita Nikolai, Professorin für Vergleichende Bildungsforschung an der Universität Augsburg.

Schule in der Pandemie: Hat die Bildungspolitik versagt?

Schulschließungen ohne Konzepte für den Fernunterricht, Versäumnisse in der digitalen Ausstattung, unzureichende Hygienepläne. Die Bildungspolitik der Länder sieht sich in der Pandemie mit teilweise erheblicher Kritik konfrontiert. Die Defizite werden dabei nicht zuletzt beim Bildungsföderalismus und ihrem zentralen Koordinierungsgremium, der Kultusministerkonferenz, verortet.

Doch hat die deutsche föderale Bildungspolitik in der Corona-Krise tatsächlich versagt? Ist sie grundsätzlich reformbedürftig oder hat sie sich bewährt? Was lernen wir aus dem Ausnahmezustand während der Pandemie – was müsste sich für die Zukunft ändern? Und: Wie lässt sich jetzt verhindern, dass Bildungslücken und die soziale Schere größer werden?

Es diskutieren Olaf Köller, Leibniz-Institut für die Pädagogik der Naturwissenschaften und Mathematik in Kiel, und Britta Ernst, Ministerin für Bildung, Jugend und Sport des Landes Brandenburg sowie Präsidentin der Kultusministerkonferenz.

Die Moderation übernimmt Michael Wrase, Professor für Öffentliches Recht, Universität Hildesheim & Senior Researcher am WZB.

Steuerung auf dem Prüfstand – Wunsch und Wirklichkeit im Bildungsföderalismus

Schulpolitik in Deutschland wirkt im internationalen  Vergleich oft schwerfällig – das scheint sich besonders in der Pandemie zu bestätigen, wo flexible Lösungen gefragt sind, oder mit Blick auf die schleppende Digitalisierung. Dennoch wurden in den letzten beiden Jahrzehnten beträchtliche Veränderungen in der Steuerung von Schulsystemen, etwa mit Blick auf den Leistungs-„Output“ von Schulen, vorgenommen.
Das Grundgesetz und die Schulgesetze der Bundesländer eröffnen Bund und Länder eigentlich vielfältige Gestaltungsmöglichkeiten. Diese werden allerdings nicht ausreichend genutzt.

Sind die Interessengegensätze nach wie vor zu groß – oder mangelt es am Willen der bildungspolitischen Akteure? Brauchen wir eine grundlegende Reform des deutschen Bildungsföderalismus? Findet staatliche Steuerung in der Bildungspolitik überhaupt noch statt – oder ist sie nur noch reine Fiktion?

Über diese und weitere Fragen der Steuerung im Bildungsföderalismus diskutieren
Rita Nikolai – Professorin für Vergleichende Bildungsforschung, Universität Augsburg und
Mark Rackles – Fellow am WZB & Staatssekretär a.D. der Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Familie in Berlin.

Die Einführung übernimmt Jutta Allmendinger – Präsidentin des WZB.